22. Oktober 2008

Sichuan Urlaub - National Holidays (Teil 3)

Angekommen habe ich mich erstmal ein wenig ausgeruht. Wie schon geschrieben war dies auch nötig. Am Abend haben wir dann "Sichuan Entensuppe" gegessen. Das muss man sicher eher wie ein Fondue vorstellen, in dem neben der Ente alles mögliche gegart wurde. War recht lecker, auch wenn die Ententeile komplett mit Halsstückchen im Pott lagen. Danach ging es noch zur Fußmassage. Und das war richtig genial - das fehlt in der Art sogar in Guangzhou!

Man stelle sich einen extra Teil eines Hotel vor, der sich auf den ersten drei Etagen des Hotels erstreckt. Im Eingangsbereich hat man zunächst die Schuhe gewechselt. Weiter ging es in die zweite Etage, wo neben zwei,drei Pooltischen und einem Snookertisch auch Tischtennisplatten zur freien Verfügung standen. Auch duschen hätte man können. Dann konnte man wählen, wo man sich die Füße massieren lässt. Zum Beispiel in einem Kino, wo vor jedem gemütlichen Kinosessel nochmal die obligatorischen Hocker standen - einen für die eigenen Füße, ein anderer für die Masseuse bzw. den Masseur. Leider lief nur ein chinesischer Film, so dass ich nichts verstanden hätte. Also wählten wir einen "private room" für zwei Personen. Dieser war ausgestattet mit weichem Teppich, zwei bequemen Schlafsesseln und wieder den Höckerchen für Füße und Masseuse. Dazu gab es noch ein riesigen Fernseher mit DVD-Player und Soundanlage. Und da 110 Minuten gut reichen für einen Film, haben wir uns aus der DVD-Kollektion des Massageladens "Shrek 2" angeschaut. Meine Masseuse war auch eine sehr hübsche - der Masseur von Audrey sah in chinesischen Augen sicher auch nicht schlecht aus.

Eine Fußmassage beginnt mit einem obligatorischen Fußbad, weil die Masseure ja auch nicht unbedingt dreckige Füße anfassen wollen. Währenddessen gibt es im Sitzen schon Massage für Rücken, Nacken und Arme. Danach sind die Füße dran. Sehr ausgiebig, fast eine Stunde. Am Ende wurde im Liegen nochmal der Rücken für gut eine halbe Stunde bearbeitet. "hen shufu 很舒服" - sehr angenehm!

Am nächsten Tag sind wir rund zwei Stunden mit drei verschiedenen Buslinien in einen Außenbezirk von Chengdu gefahren - eigentlich nach deutschen Maßstäben eher eine eigene Stadt. Dort haben wir einen ehemaligen Kommilitonen von Audrey getroffen, der in der historischen Stadt "Luo Dai" bei der örtlichen Verwaltung arbeitet. Da dort Feierlichkeiten zum "national holiday" statt fanden, war es sehr voll. Die Architektur war historische chinesische Architektur, die sehr gut erhalten war.

Danach ging es noch weiter in die Nähe einer Nachbildung von einem Stück "chinesischer Mauer". Es war definitiv nicht das Original, da bin ich mir ziemlich sicher. Aber irgendwie hatte ich den Eindruck, halb Chengdu wollte dorthin. Und so geschah es auch, dass mitten im nichts, nur auf einer schmalen Straße, plötzlich Stau war - in beide Richtungen. Vor Ort gab es in meinen Augen aus Pferdereiten und der Nachbildung der chinesischen Mauer in der Hügellandschaft nichts besonderes.

Spektakulärer war die Rückfahrt. Da ja halb Chengdu dort war, waren die öffentlichen Busse heillos überfüllt. Und auch dumm schauen hätte nichts gebracht, denn die Leute standen nicht ordnungsgemäß in einer Reihe, sondern in einem Riesenpulk, und versuchten sich in die Busse hineinzuquetschen. Anstellen auf chinesisch. Somit haben wir auf der Rückfahrt einen privaten "Schwarzfahrertaxi" angeheuert. Zusammen mit einer chinesischen Familie sind wir zu sechst in einem kleinen Suzuki Alto Lizenzbau gefahren. Über holperige Schlammpisten ist unser Fahrer wie ein Rallyefahrer durch wunderschöne Hügel- und Berglandschaften gedüst, mit weiten Tälern mit ein paar Gemüseanbauen und viel unberührter Natur. Den Rückweg von "Luo Dai" nach Chengdu mussten wir auch mit einem weiteren "Schwarzfahrertaxi" fahren, da auch in "Luo Dai" die Busstation heillos überfüllt war. In "Luo Dai" muss meiner Vermutung nach die andere Hälfte der Bevölkerung von Chengdu gewesen sein. Ich will an dieser Stelle meinen Respekt gegenüber den Chinesen ausdrücken, die sich dort anstellen. Nicht jeder hat die Möglichkeit das Geld einem privten "Schwarzfahrer" in den Hals zu werfen und so bleiben nur zwei, drei Stunden anstehen.

Samstag ging es noch zu einem Tempel und abends Hotpot essen - diesmal nach Sichuan-Art. Zu meiner Überraschung war dieser aber auch nicht schärfer als der Hotpot in Guangzhou beim "xiao fei yang 小肥羊". Wahrscheinlich härtet man auch ein wenig ab.

Nicht abgehärtet wird man jedoch was Erkältung und Verspätung angeht. Ich hatte schon eine Erkältung, und was sich dann mit meinem Flug nach Guangzhou ergeben hatte, hat mir den Rest gegeben. 18:20 am Sonntag sollte eigentlich mein Flug nach Guangzhou abheben. Von China Southern Personal am Gate gut zwei Stunden lang keine Spur. Ich habe dann mit meiner Bordkarte einen Mitarbeiter einer anderen Airline gefragt, was denn los sei. Immerhin habe ich schon gut 3 Stunden auf mein Boarding gewartet. Der Mitarbeiter sagte, dass der Flug vielleicht gestrichen wurde. Ich wurde zum China Southern Schalter in der Vorhalle geschickt. Dort sagte man mir, dass der Flug auf jeden Fall fliegt. Ich ging wieder zurück zum Gate. Dort kam dann nach einer halben Stunde eine Mitarbeiter mit China Southern Umhängeschild. Es war gegen zehn, als mir gesagt wurde "Hotel", mehr konnte ich von keinem Mitarbeiter erfahren mangels meiner Chinesisch- und deren Englischkenntnisse. Nur zur Erinnerung, Chengu hat einen internationalen Flughafen mit Flügen nach u.a. Singapur und Amsterdam.

Das Hotel war ein billiges Zwei-Sterne-Hotel. Ich versuchte noch jemanden zu fragen, wann denn nun mein Flug geht. "dian hua 电话" war die Antwort. Ich vermute, das sollte bedeuten, man ruft an, wenn es soweit ist. Ich schaute mir mein Hotelzimmer an, und stellte fest, dass es schon ganz schön runtergewirtschaftet war. Die kleine Badewanne betrat ich zum Duschen mit den obligatorischen Hotelschlappen, der Hygiene wegen. Wenigstens war die Bettwäsche sauber. Ich schlief irgendwann gegen 23.30 ein. Etwas mehr als eine gute Stunde klingte mich das Telefon aus dem Schlaf. Jemand der nur chinesisch sprach erzählt mir etwas. Ich antwortete auf chinesisch: "Sprich Englisch, bitte!" "Bitte warten sie!" Aufgelegt. Ich ahnte nun schon was war, mein Flug ging doch noch. Ich packte schnell alles zusammen und war schon fast zur Tür hinaus, als nochmal das Telefon klingelte. "Flight, check-out, please!" Na alles klar! Gegen 01:00 war ich also wieder am Flughafen. Am Gate bekam jeder Fluggast anstandslos 100 RMB in die Hand gedrückt. Kurz vor 01:30 ging es dann endlich los nach Guangzhou. Sieben Stunden Verspätung. Den Grund habe ich nicht erfahren und werde ihn wahrscheinlich nie erfahren. Ich weiß nur von Kollegen, dass es an diesem Tag in Guangzhou heftig geregnet hat. Gegen 03:30 war ich dann in Guangzhou und bin mit dem Taxi nach Hause gefahren. Das hat mich 130 RMB gekostet - der Flughafenbus, der aber mitten in der Nacht nicht fährt, hätte mich 20 RMB gekostet. Jetzt wusste ich, wofür ich in Chengdu die 100 RMB bekommen habe. Irgendwann um 04:30 war ich zu Hause - schlief ein, um eine paar weniger schöne Erfahrungen reicher, aber auch mit zahlreichen interessanten und aufregenden Erlebnissen.

Das waren also meine sieben Tage Sichuanurlaub plus Verlängerung. Um ein kleines Fazit zu ziehen: Reisen in den "golden weeks" - also National Holiday und Chinese New Year - ist teuer und oft nichts für schwache Nerven. Dennoch, Sichuan ist eine Reise wert. Genau genommen sogar mehrere Reisen, nicht nur wegen Audrey!

Schöne Grüße aus Guangzhou, Jörg!

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