1. September 2008

Besuch bei den Pandabären

Am Wochenende bin ich mal nach Chengdu geflogen, um mir die Pandabären anzuschauen. Ich habe auf Grund eines Insidertipps erfahren, dass auf Grund des Erdbebens im Mai in Sichuan die Preise in der Region dort für Hotels recht niedrig sein sollen. Abgesehen vom Flug war dem auch so. 25 Euro pro Nacht in einem chinesischen 4-Sterne-Hotel incl. Frühstück. Ich habe ja nicht das erste Mal in einem chinesischen 4-Sterne-Hotel übernachtet, umso angenehmer war ich überrascht, dass dieses Hotel die 4 Sterne auch wert war. In China ist 4-Sterne-Hotel ein sehr, sehr dehnbarer Begriff.

Aber ich vermute, die wenigsten wird interessieren was ich fürs Hotel bezahlt habe. Also zur Sache:

Am Freitag Abend mit knapp einer Stunde Verspätung hob die A319 der Sichuan Airlines vom New Baiyun International Airport Guangzhou ab in Richtung Chengdu. Etwa 45 Minuten nach Mitternacht war ich dann in Chengdu und bin mit der Freundin, die mich am Flughafen erwartete, ins Hotel gefahren. Da es im Flugzeug kein Essen gab war ich sehr hungrig. Bis zur Ankündigung der Verspätung war ich auch sehr knapp in der Zeit war und habe dummerweise erst hinter dem Securitycheck von der Verspätung erfahren, sodass auch McDonalds nicht mehr drin war. Manchmal hat man in China das Gefühl, die machen das mit Absicht. Somit konnte ich feststellen, dass KFC in Chengdu nur bis 23.00 auf hat, aber es wie in jeder vernünftigen chinesischen Stadt Läden gibt, die 24 Stunden geöffnet haben. Instant noodles und ein Maiskolben gab es also dann noch zum Abendessen - eigentlich wohl eher "Mitten-in-der-Nacht-Essen".

Leicht übermüdet, aber dann doch satt, bin ich gegen 2.30 ins Bett um am nächsten Morgen fit zu sein. Um 9.30 fürs Frühstück aufgestanden, gab es nämlich nur bis 10.00, und dann nach etwas Schlaf sind wir gegen 11.30 endlich zu den Pandas gefahren. Hierbei sei angemerkt, dass es sich dabei nicht um einen Zoo handelt, sondern um eine Pandazuchtstation. Dennoch ist diese Zuchtstation, in der es rein um Fortpflanzung geht, sehr schön als Park angelegt. Im Park gibt es die Großen Pandas, so wie man sie sich vorstellt, und rote Pandas, die ein bisschen wie Waschbären aussehen. Die großen Pandas waren bei unserer Ankunft ziemlich faul und lagen nur in ihren klimatisierten Behausungen rum und schliefen. Wirklich unglaublich "sooooo cute" wie meine Begleitung meinte, waren die Pandababys, bei denen man leider keine Fotos machen konnte. Ich weiß jetzt auch, dass ein Panda wie ein Nacktmull zur Welt kommt - rosa mit nur ein paar Borsten. Nur die Pandas sehen im Gegensatz zum Nacktmull so schon drollig aus. Mit den älteren haben schon die kleinen eines gemeinsam - sie schlafen die meiste Zeit. Die roten Pandas waren da schon agiler und kletterten auch in den Bäumen des Freigeheges herum. Kurz bevor es wieder zurückgehen sollte, haben wir nochmal in einer Behausung geschaut, ob die Jungs und Mädels wach sind, und tatsächlich: Einer der großen Pandas putze sich vor unseren Augen in aller Ruhe zwischen den Beinen und ein anderer futterte ganz gemächlich Bambus.

Nach der Pandabärenaufzuchtstation ging es wieder zurück Downtown und ein wenig durch die geschäftigen Straßen von Chengdu. Chengdu ist schöner als Guangzhou, etwa vergleichbar mit Hangzhou, wo ich meinen ehemaligen Kommilitonen Robert besucht habe. Vom Erdbeben welches keine vier Monate her ist und auch in Chengdu ziemlich heftig gewesen sein soll hab ich keine Spur gesehen. Nicht mal Risse in der Häuserwand.

Am Abend ging es dann noch in die Jin Li Straße. Dort findest man alte chinesische Architektur, buntes Treiben, viele Fressbuden, Bars und Kunsthandwerk. So eine Mischung wie auf Weihnachtsmärkten oder Mittelalterfesten - oder halt Mittelalterweihnachtsmärkten. Da gab es für mich noch eine sehr sehr merkwürdige Begegnung mit einem sehr alten Chinesen, angeblich 95 Jahre alt. Master Ye, seines Zeichens Kungfu, Fengshui und "Alles-mögliche-Meister" wollte sich mit mir unterhalten und zeigte uns nach einer Weile Bilder, wo er mit seinen Schülern, aber auch Berühmtheiten, wie zum Beispiel Evander Holyfield und Da Shan zu sehen war. Nur merkwürdiger Weise durften wir uns das Album mit den Berühmtheiten nicht so genau anschauen wie das erste. Photoshop manipulierte Bilder vielleicht? Als wir mit ihm ein Foto machen wollten hatte er ganz schnell seinen Fächer vor dem Gesicht und meinte, ich solle erst meine Kontaktdaten aufschreiben. Er mache dann ein Foto und sendet mir das zu. Ok, dachte ich, ich schreib mal meine e-Mail-Adresse auf, bei der mir leider ein Zahlendreher geschehen ist. Meine Begleitung, der die Sache von Anfang an anrüchig war, hat dann aber doch ein Foto gemacht. Dass Master Ye nun keinen Kontakt zu mir aufnehmen kann, werde ich vermutlich bitter bereuen. Wahrscheinlich wird er mir einen buddhistischen, taoistischen oder konfuzianischen Fluch auflegen, weil alle diese Religionen hat er studiert. In China scheint man nicht Gläubiger einer Religion sein zu müssen, man kann, wenn man sich nicht sicher ist vor welchem Altar man rumrutschen soll, einfach alle studieren. Das Richtige wird dann schon dabei sein. Im Endeffekt war mir die Sache ziemlich unheimlich und ich war ziemlich verunsichert, welchem Trickbetrüger ich nun aufgesessen bin. Aber außer meinem chinesischen Namen, meiner Sinnlos-e-Mail-Adresse mit Zahlendreher hatte er ja nur - nun ja - ein Bild von mir und ihm. Vermutlich wird er mich bald seinen nächsten Opfern als Schüler oder Lügner vorstellen. Wohlwollend gedacht war es einfach nur ein Fengshui-Meister der meinen Kontakt wollte, damit er mir später schreiben kann. In etwa so: "Weiser Jörg, ich habe unser Treffen in guter Erinnerung ... als Freunde sind wir auseinander gegangen ... als Freund muss ich Dir sagen, das mich Dein Bild beunruhigt ... mit Deinem Fengshui steht es nicht zum besten ... ruf mich an, ich werde Dir helfen und Dein Fengshui ins Reine bringen ... Meister Ye." Alles klar! Der gute alte Mann hatte auch einen Batzen Kohle und ein schickes Nokia N95 ...

Der nächste Tag begann mit dem Besuch der großen Mao-Statue. Der Volksmund erzählt sich, das Chairman Mao auf dem Tianfu-Platz seine Hand nicht zur Begrüßung des Volkes erhebt, sondern weil auch er Probleme hat - wie alle anderen auch - ein Taxi zu bekommen. Meine pragmatische Art und Weise sagt mir, ein typischer Fall von Angebot, Nachfrage und Preis. Der Kilometer kostet hier nur 1,40 Yuan, das ist beinahe die Hälfte von dem, was es in Guangzhou kostet. Somit wird Taxi fahren für alle und jederzeit erschwinglich und zudem für die Taxifahrerzunft wenig lohnenswert. Ihr könnt ja Euren deutschen Taxifahrer des Vertrauens mal fragen, ob er für 14ct pro Kilometer noch Taxi fahren würde.

Dann ging es weiter in den Qingyang-Gong-Tempel. Erstmal das eventuelle böse Fengshui von Meister Ye wieder los werden. Da ich aber nicht weiß, wie in einem der größten taoistischen Tempelanlagen der Region gebetet wird, hab ich einfach im Tempel der grünen Ziege einfach mal eine Ziege vom Zickenbart über den Kopf und Rücken bis zum Schwanz gestreichelt. Soll man so machen, aber bitte mit der reinen linken Hand. Woher die Ziege wissen will, welche meine reine Hand ist, weiß ich auch nicht. Zufälligerweise ist ja Yang 羊 (steht im chinesischen für Schaf und Ziege beiderlei) mein chinesisches Tierkreiszeichen. Also mein Ying und mein Yang, mein Feng und mein Shui, mein Dong und mein Xi, mein Tian und mein Mu und was sonst noch so in der Balance sein sollte, wird nun wieder "ok la" sein.

Danach ging es noch in die Kuanxiangyi Straße, ähnlich wie die Jin Li Straße vom Vortag, nur weniger lebhaft, weil es noch nicht Abend war. Aber für traditionelle chinesische Architektur und ein paar Bilder davon war es genau richtig - bei strahlendem Sonnenschein wie fast die ganzen zwei Tage in Chengdu.

Es gab dort noch etwas verspätet gegen 14.00 Mittagessen und dann musste ich auch schon so langsam wieder an die Rückreise denken. Für etwas weniger als zwei Tage habe ich eine ganze Menge erlebt und gesehen. Chengdu werde ich mit Sicherheit nochmal besuchen, bis dahin steht aber erstmal das tägliche Leben im weniger bezaubernden Guangzhou auf dem Programm.

Schöne Grüße, jetzt wieder aus Guangzhou, Jörg!

Chengdu - August 2008